Die Regelung im Arbeitszeitgesetz gilt erst einmal simpel: Arbeitszeit ist jene Zeit von Beginn zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen, § 2 Abs. 1 ArbZG. Im Einzelfall ist es jedoch dann nicht immer so simple wie es zunächst scheint: Fährt ein Arbeitnehmer zu einer Fortbildung gilt die Anfahrtsweg als Arbeitszeit? Gelten Umziehzeiten als Arbeitszeit? Wo liegt die Grenze zwischen Freizeit und Arbeitszeit?
Die Zeiten rund um Fortbildungen, die teilweise aus Veranlassung des Arbeitgebers, teilweise in eigener Motivation des Arbeitnehmers erfolgen, sind regelmäßig Gegenstand von gerichtlichen Verfahren.
Fortbildung aus eigener Motivation des Arbeitnehmers
Wird die Fortbildung freiwillig aus Anlass des Arbeitnehmers, ohne dass der Arbeitgeber hierin ein betriebliches Interesse sieht, wahrgenommen, so gilt die Anfahrt sowie die Zeit der Fortbildung als solche unstreitig nicht als Arbeitszeit. Für diese Zeiten kann der Arbeitnehmer nur im Ausnahmefall eine Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber verlangen. In der Praxis dürften jene Fälle die Ausnahmefälle bilden.
Arbeitgeberseitig angewiesenen Fortbildungen
Erfolgen Fortbildungen auf Veranlassung des Arbeitgebers ist dies anders zu beurteilen, da der Arbeitgeber in diesem Fall von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht. Die Zeiten der reinen Fortbildung sind dann sowohl arbeitsschutztechnisch als auch vergütungsrechtlich als Arbeitszeiten anzusehen. Die Anreisezeiten werden jedoch auch in diesen Fällen nicht zwingend als Arbeitszeiten behandelt. Es gilt zu unterscheiden:
Reist der Arbeitnehmer mit öffentlichen Verkehrsmitteln an den Fortbildungsort und ist er in diesem Zeitraum frei in seiner Gestaltung der Zeit, gilt diese nicht als Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer verrichtet in diesem Fall keine Arbeitstätigkeit, sondern hat die Zeit der Anreise mehr oder weniger zur freien Verfügung. Dass der Arbeitnehmer seinen Belegenheitsort nicht selbst bestimmen kann, gilt als hinnehmbarer Umstand und belastet den Arbeitnehmer nicht in ähnlicher Weise, wie das Erbringen seiner Arbeitsleistung. Erbringt der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum seine gewöhnliche Arbeitsleistung, gilt dies als vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Reist der Arbeitnehmer mit einem Auto an, welches er selbst steuert, so stellt dies wiederum arbeitsschutztechnisch und vergütungsrechtlich Arbeitszeit dar. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall keine Möglichkeit zur Ruhe, Erholung oder Gestaltung seiner Zeit, sodass diese Zeiten nicht als Freizeit gewertet werden.
Unterscheidung Arbeitsschutzrecht/ Vergütungsrecht
Pauschal lässt sich eine vergütungspflichtige Arbeitszeit von Fahrtwegen zu Fortbildungen nicht annehmen. Es kommt vielmehr auf die Umstände und die konkrete Ausgestaltung an. Allerdings bemisst sich die Vergütungspflicht nicht pauschal anhand der Vergütung der eigentlichen Tätigkeit. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsvereinbarung für Tätigkeiten, die nicht der eigentlichen entsprechen, getroffen werden. Die Vergütung kann auch in Form der Einstellung der Arbeitszeit in einem Arbeitszeitkonto erfolgen.
Fazit: Bei der Entscheidung, welche An- und Abreisezeiten bei Fortbildungen für Arbeitgeber als vergütungspflichtige Arbeitszeit gewertet werden, ist entscheidend darauf abzustellen, welcher Anlass der Fortbildung zugrunde liegt und welche freie Zeit dem Arbeitnehmer, aufgrund der Wahl des Verkehrsmittels, zu seiner Verfügung steht.