Probezeitverzicht im Arbeitsvertrag

In der Praxis stellen Bewerber immer öfter die Forderung, dass auf eine vertraglich vereinbarte Probezeit verzichtet werden soll. Macht dies für Arbeitgeber Sinn? Welche Auswirkungen zieht diese Entscheidung mit sich?

In Kooperation mit Dr. Schmidt und Partner
25.07.2023 08:17 Uhr
© magele-picture - AdobeStock/225154488

Probezeitverzicht im Arbeitsvertrag: Auswirkungen für Arbeitgeber

Fachkräfte sind rar, Arbeitnehmer bestimmen den Arbeitsmarkt: Ihre Forderungen haben immer mehr Gewicht, wenn Arbeitgeber froh sind, überhaupt Personal zu finden. Immer häufiger kommt es vor, dass Bewerber sich nur dann für eine Stelle entscheiden, wenn ihrer Forderung nach einem Probezeit-Verzicht nachgekommen wird.

Macht es Sinn dieser Forderung zu entsprechen oder beschneidet sich der Arbeitgeber damit in seinen Rechten?

Was bedeutet „Probezeit“?

Die Begrifflichkeit der Probezeit findet sich in § 622 Abs. 3 BGB. Nach dieser gesetzlichen Regelung ist es den Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich gestattet, eine Vereinbarung zu treffen, wonach in einem Zeitraum von maximal sechs Monaten eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen gelten soll.

Problematisch ist: Die Begrifflichkeit der Probezeit wird häufig synonym zur „Wartezeit“ verwendet, obwohl diese beiden Begriffe strikt voneinander zu trennen sind.

Was bedeutet „Wartezeit“?

Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG findet für den Zeitraum der ersten sechs Monate nach Begründung eines Arbeitsverhältnisses das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Dies hat zur Folge, dass es im Rahmen dieser Wartezeit dem Arbeitgeber vereinfacht möglich ist, ein Arbeitsverhältnis einseitig durch Kündigung zu beenden. Erst nach Ablauf der Wartezeit, also nach sechsmonatigem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und in Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmer greift das Kündigungsschutzgesetz. Erst dann kann eine Kündigung grdsl. nur dann wirksam erfolgen, wenn ein verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt.

Was hat dies nun zur Folge?

Wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag eine Klausel mitaufnimmt, die etwa „Die Parteien verzichten auf eine Probezeit“ lautet, dann führt dies bei dem Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung im Rahmen der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses lediglich dazu, dass statt der zweiwöchigen, eine vierwöchige Kündigungsfrist einzuhalten ist. Die gesetzlich geregelte Wartezeit von sechs Monaten ermächtigt den Arbeitgeber aber auch bei vertraglich vereinbartem Probezeitverzicht dazu, das Arbeitsverhältnis außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes vereinfacht kündigen zu können.

Erst der vertragliche Verzicht der Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KSchG hätte also gravierende Folgen für den Arbeitgeber. Der bloße Verzicht auf die Vereinbarung einer Probezeit bedeutet lediglich, dass keine verkürzte Kündigungsfrist gilt. (Dazu auch LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.2019, Az. 15 Sa 4/19).

Fazit: So wie es bereits vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden wurde, hat der Verzicht auf eine Probezeit nicht zur Folge, dass ab Tag eins des Beschäftigungsverhältnisses der allgemeine Kündigungsschutz gemäß des Kündigungsschutzgesetzes greift. Die Begrifflichkeiten der „Probezeit“ und der „Wartezeit“ sind strikt voneinander zu trennen.