Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Sie kommen gut vorbereitet in Ihr Vorstellungsgespräch und dann geht es gar nicht um Ihre Fortbildungen, sondern um Ihre Familienplanung? So reagieren Sie gekonnt.

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12.06.2023 10:56 Uhr
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„Wie sieht es denn mit Ihrer Familienplanung aus?“ Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Grundsätzlich gilt: Im Vorstellungsgespräch dürfen die Fragen gestellt werden, die für die konkrete Zusammenarbeit eine Bedeutung haben. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen ein berechtigtes und schützenswertes Interesse an dem Thema haben, zu dem sie eine Frage stellen. Dazu gehören die Ausbildung und die bisherige Berufserfahrung. Auch die Berufserlaubnis selbst oder der Abschluss zusätzlicher Qualifikationen dürfen erfragt werden. Solche Fragen müssen immer wahrheitsgemäß beantwortet werden, denn sie bilden die Grundlage für die Entscheidung über eine mögliche Zusammenarbeit.

Hat eine Frage dagegen gar nichts mit der beruflichen Tätigkeit und der bisherigen beruflichen Erfahrung zu tun, ist es manchmal gar nicht so leicht, eine passende Reaktion zu zeigen. In einigen Fällen ist es nur ein Versuch, überhaupt ins Gespräch zu kommen und eine gute Atmosphäre zu schaffen - zum Beispiel wenn Sie zu Beginn gefragt werden, ob Sie lieber Kaffee oder Tee trinken. Das ist unproblematisch. Manchmal aber sollen Sie auch über Bereiche Auskunft geben, die für ein Vorstellungsgespräch einfach unpassend sind oder in denen eine Frage tatsächlich rechtlich unzulässig ist. Hierauf können Sie sich vorbereiten, um passend reagieren zu können.

Unzulässige Fragen

Unzulässig sind Fragen immer dann, wenn ausschließlich Ihre Privatsphäre betroffen ist oder wenn Sie als Teil einer geschützten Personengruppe durch die Frage benachteiligt werden. Allgemeine Fragen zum Gesundheitszustand oder die Frage nach einer Schwerbehinderung in einem Vorstellungsgespräch sind nicht erlaubt. Wenn Sie irgendeine Erkrankung haben, die aber auf die Tätigkeit keinen Einfluss hat, dann müssen Sie diese auch nicht erwähnen. Das gilt auch für chronische Erkrankungen.

Nach einer Schwerbehinderung darf erst nach 6 Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gefragt werden. Das hängt damit zusammen, dass für eine wirksame Kündigung dann die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden müsste und damit ein berechtigtes Interesse von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern vorliegt. Vorher ist ein solches berechtigtes Interesse ausgeschlossen, wenn keine Auswirkungen auf die Tätigkeit vorhanden sind.

Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft? Auch das müssen Sie nicht preisgeben und eine dennoch gestellte Frage muss somit auch nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Das Recht auf eine Gewerkschaftszugehörigkeit ist vom Grundgesetz geschützt und dieser Schutz steht über dem Interesse des Arbeitgebers an der Beantwortung der Frage.

Besonders geschützt: Ihr Familienleben

Besonders relevant ist der Bereich der Familienplanung. Weder dürfen Sie nach einer Schwangerschaft gefragt werden noch nach diesbezüglichen Plänen. Es ist gleichzeitig ein Bereich, in dem viele Bewerberinnen trotz der gesellschaftlichen Entscheidung für den kompromisslosen Schutz von Schwangeren und Familien ein schlechtes Gewissen haben. Sie dürfen diesen verfassungsrechtlichen Schutz jedoch ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen!

Gelassen reagieren: Lüge oder Wahrheit

Was tun, wenn dennoch eine unzulässige Frage gestellt wird? Machen Sie sich bewusst, dass Sie immer mehrere Reaktionsmöglichkeiten haben. Welche Sie wählen, hängt sicherlich von der Situation insgesamt ab.

Auf unzulässige Fragen hin dürfen Sie mit einer Lüge antworten. Das liegt daran, dass auch ein ausdrückliches Schweigen so gedeutet werden könnte, als hätten Sie irgendetwas „zu verbergen“. Ein Arbeitsvertrag könnte später nicht angefochten werden, weil Sie auf die Frage, ob Sie eine Schwerbehinderung haben, fälschlicherweise mit „nein“ geantwortet haben.

Manchmal kann es Gründe geben, trotz Unzulässigkeit der Frage die Wahrheit zu sagen. Ohne Kenntnis einer Schwerbehinderung kann Ihnen kein zusätzlicher Urlaub gewährt werden. Und möglicherweise möchten Sie ohnehin nicht für jemanden arbeiten, der sich im Vorstellungsgespräch nicht korrekt verhält oder einen selbstverständlichen gesetzlichen Schutz ins Gegenteil verkehrt.

Die Unzulässigkeit ansprechen

Was Sie außerdem tun können: Die Unzulässigkeit der Frage ansprechen. Es wird möglicherweise als Zeichen dafür gedeutet werden, dass Sie nicht antworten möchten - gleichzeitig ist es allerdings auch ein starkes Zeichen von Informiertheit und Selbstbewusstsein. Schon die Tatsache, dass eine unzulässige Frage gestellt wird, kann einiges über die möglichen neuen Arbeitgeber aussagen. Die Reaktion, wenn Sie es ansprechen, wird Ihnen noch mehr darüber zeigen, ob der Arbeitsplatz für Sie passend ist.

Mit einer Gegenfrage kontern

„Wer fragt, führt“ heißt es und es ist richtig, dass gute Fragen ein hervorragendes Werkzeug sind, um ein Gespräch zu einem guten Gespräch zu machen. Gleichzeitig gilt: Ein Vorstellungsgespräch ist kein Verhör und keine Einbahnstraße. Sie müssen nicht auf alle Fragen Auskunft geben und haben immer mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Das auch und besonders dann, wenn Ihnen unpassende oder unzulässige Fragen gestellt werden. Warum also nicht auch einmal mit einer Gegenfrage selbst das Gespräch in die Hand nehmen?

Fazit: Unzulässige Fragen müssen Sie nicht beantworten und dürfen sogar lügen. Darüber hinaus können Sie sie als Gradmesser dafür nutzen, wie gut Sie selbst sich eine Zusammenarbeit vorstellen können.