Von Bewerbern Fotos anfordern

Die anonyme Bewerbung hat sich in Deutschland noch nicht etabliert. Vieles spricht jedoch dafür, auf die Vorlage von Bewerbungsfotos zu verzichten.

In Kooperation mit Dr. Schmidt und Partner
05.04.2023 13:04 Uhr
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Bewerbungsfotos anfordern: Besser nicht…?!

Was vor wenigen Jahren noch als selbstverständlich galt, ist spätestens seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz („AGG“) eine Frage, die sich Arbeitgeber vor Veröffentlichung von Stellenanzeigen stellen sollten: Sollen Bewerber aufgefordert werden, Ihren Bewerbungsunterlagen Bewerbungsfotos beizufügen?

Warum verzichten viele Unternehmen auf die Vorlage von Bewerbungsfotos?

Die anonyme Bewerbung hat sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt, doch immer mehr Unternehmen verzichten im Rahmen von Stellenanzeigen auf die Aufforderung zur Vorlage eines Bewerbungsbildes. Hintergrund soll zum einen sein, den Fokus der Bewerberauswahl auf die vom Bewerber vorgebrachten Kompetenzen, den Werdegang und Lebenslauf auszulegen. Die gesetzlichen Gegebenheiten des AGG reichen indes nicht so weit, als dass es ein Verbot zur Vorlage von Bewerbungsbildern gäbe. Nichts desto trotz können aus Bewerbungsbildern Angriffspunkte hervorgehen, die nach AGG-Gesichtspunkten als zumindest mittelbare Diskriminierung ausgelegt werden könnten.

Beispiel: Eine Stellenanzeige sieht vor, dass ein Bewerbungsfoto der Bewerbung beigefügt werden soll. Bewerber A übersendet seine Unterlagen mit einem Bewerbungsfoto, das ihm mit einer silbernen Kette abbildet, an dem ein Kreuz-Symbol als Anhänger zu sehen ist. Der Arbeitgeber entscheidet sich gegen den Bewerber und teilt ihm mit, dass dieser im weiteren Verfahren nicht berücksichtigt werde. Der Bewerber könnte nun vorbringen, dass er aufgrund seiner bekennenden Religionsangehörigkeit benachteiligt wurde. Das AGG schreibt nämlich vor, dass eine Benachteiligung u.A. aufgrund der Religion nicht erfolgen darf. Und noch gravierender aus Sicht des Arbeitgebers: Dieser wäre dann gem. § 22 AGG beweisbelastet bei dem Vorbringen von Indizien, dass kein Verstoß vorgelegen hat. Er müsste dann also beweisen, dass die Ablehnung des Bewerbers jedenfalls nicht auf Basis dessen Religionsangehörigkeit erfolgt ist, sondern vielmehr aufgrund mangelnder fachlicher Eignung etc. erfolgte. Wenn wie im Beispielsfall eventuell nur ein Bewerber im Verfahren war, wäre der Arbeitgeber Entschädigungszahlungen ausgesetzt.

Fazit: Es bleibt die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er um Vorlage eines Bewerberfotos bittet. Die Risiko-Nutzen-Abwägung auch im Hinblick auf etwaige Folgen nach dem AGG muss von ihm getroffen werden.